Dieser Testbericht ist eine persönliche Beschreibung wie es mir in den ersten Tagen mit dem SXG75 ergangen ist und was ich davon halte. Ich beschreibe hier aus meiner ganz persönlichen Sicht, was mir am SXG75 gefällt und was nicht. Dies wird kein Testbericht mit der üblichen Lobhudelei auf die Marke Siemens wie auf anderen Siemens-Fanseiten, sondern es soll ein Testbericht mit durchaus auch kritischen Anmerkungen sein, der Interessenten am SXG75 eine Hilfe dabei sein soll, sich für oder gegen einen Kauf des SXG75 zu entscheiden.
Alle Bilder in diesem Testbericht können durch Anklicken vergrößert werden.
Ich habe vor dem SXG75 ein Siemens SX1 und Siemens S65 genutzt und werde das SXG75 mit beiden Handys vergleichen. Meine Hoffung lag darin, dass das SXG75 ein würdiger Nachfolger für diese beiden Handys sein wird. Die UMTS-Funktionalität des SXG75 werde ich mit dem UMTS-Handy SonyEricsson K600i vergleichen, das ich zu Testzwecken ebenfalls vorliegen hatte.
Auf dem SXG75 dürften unter den Siemens-Fans einige Hoffnungen ruhen, denn nach den technisch rückständigen Handys der 65er- und bisherigen 75er-Generation, den vielen Softwarefehlern und der unrühmlichen "Verschenkung" der Siemens-Handysparte an BenQ und dem Vertrauensverlust in die Marke Siemens braucht es dringend wieder ein Handy, das zu den alten Siemens-Tugenden wie Innovation, Qualität und Zuverlässigkeit zurückkehrt.
Das SXG75 bringt als erstes UMTS-Handy von Siemens und gleichzeitig erstes Handy mit integriertem GPS-Empfänger zumindest das Potenzial mit, diese Rolle zu erfüllen. Denn es kann als multimedialer Alleskönner erstmals Handy, Organizer, Musikplayer, Digitalkamera, GPS-Navigation und UMTS-Modem in einem einzigen Gerät vereinen. Kaffe kochen kann man damit leider noch nicht…
Ob Siemens mit diesem Handy die Eier legende Wollmilchsau gelungen ist, wird sich in folgendem Test zeigen:
Der erste Eindruck
Das SXG75 ist auf den ersten Blick ein ganz schön großer Brocken. Es ist mit einer Größe von 111x53x20mm und einem Gewicht von 134 Gramm sogar noch ein bisschen größer als das Siemens SX1, das ja auch schon einen hohen "Hosentaschen-Beulen-Faktor" hat. Mich stört das zwar nicht, aber so ein voluminöses Handy dürfte vor allem Käuferinnen nicht zusagen, außer das Handy verschwindet immer in der Handtasche.
Das Handy wird laut Siemens in den beiden Farbvarianten "Metallic White" und "Metallic Black" hergestellt. Die Fotos in diesem Testbericht zeigen alle die Variante mit schwarzem Frontcover. Zum jetzigen Zeitpunkt (Januar 2005) ist die weiße Variante nirgends erhältlich, ob sie jemals in die Produktion geht, ist ungewiss.
Das Design des SXG75 mit der Kombination aus schwarzen und silbernen Elementen finde ich persönlich insgesamt sehr gelungen, das liegt aber jeweils im Auge des Betrachters und ist Geschmacksache.
Gehäuse und Verarbeitung
Display
Was mir beim Einschalten zuerst aufgefallen ist, ist das sehr gute Display. Mit dem S55 und S65 war ich bisher von Siemens nicht gerade mit den seinerzeit besten Displays auf dem Handymarkt verwöhnt worden und das SXG75 macht hier wirklich ein Quantensprung. Es ist nicht nur die hohe Auflösung von 240x320 Pixel und die 262.000 Farben. Das Display ist auch sehr hell und gleichmäßig ausgeleuchtet und spiegelt nicht im grellen Sonnenlicht. Selbst bei einem sehr schrägen Betrachtungswinkel verändern sich die Farben nicht. Das Display-Panel ist sehr weit in das Gehäuse eingelassen und es gibt einen relativ weiten Abstand zur äußeren durchsichtigen Scheibe. Dadurch kommt es leider bei sehr hellen Hintergrundbildern und hoher Displayhelligkeit zu Reflektionen am Rand und an den Ecken der durchsichtigen Plastikscheibe, die aber nicht störend wirken.
Gehäuse
Das Gehäuse macht einen sehr stabilen Eindruck, es knarrt nicht und es scheint auch keine Spalten zu geben, in denen Staub eindringen kann. Beim S65 und SX1 drang am offenen Gehäuse rund um den runden Joystick immer eine Menge Staub und Dreck ein, was zumindest bei mir alle paar Monate eine Innenreinigung (=einmal aufschrauben und durchpusten) beim SX1 nötig machte, weil die Joystickfunktionalität dadurch stark beeinträchtigt wurde.
Joystick
Um diesem Problem Abhilfe zu verschaffen, hat Siemens nun bei nahezu allen neuen Handymodellen den Joystick durch eine neuartige 5-Wege-Steuerung ersetzt. Deren Bedienung mag zwar im ersten Moment ungewöhnlich wirken, man gewöhnt sich aber nach wenigen Stunden bereits daran. Ich finde diese Steuerung sehr gut, denn sie reagiert sehr präzise und wenn man bspw. die Mitte drückt, bekommt man auch die Mitte und nicht versehentlich eine andere Richtung. Und der oben erwähnte Weg für das Eindringen von Staub und Brotkrumen in das Handygehäuse ist mit dieser neuen Lösung auch versperrt.
Funktionstasten
Die Taste für die Rufannahme, die rote Hörertaste und zwei weitere Funktionstasten für Videotelefonie und den WAP-Browser sind direkt links und rechts neben dem Display angebracht. Diese Idee hat Siemens sich beim K600i von SonyEricsson abgeschaut, wo die Tasten für den Taskmanager und die Videotelefonie auf die gleiche Art neben dem Display angebracht sind.
Zusätzlich befinden sich weiter außen am Handy an der Seite noch weitere Spezialtasten für die Kamera, den Musikplayer und für die Lautstärkeregelung. An den Funktionstasten ist nichts auszusetzen und als Sahnehäubchen bleibt noch zu hoffen, dass es auch für das SXG75 wieder ein Tool wie den (inoffiziellen) Direct-Softkey-Editor bei den x65-Handys geben wird, um alle Funktionstasten nach eigenen Wünschen belegen zu können. Die Belegung der Softkey-Tasten und Navigationstasten kann aber beim SXG75 schon sehr bequem direkt über das Handymenü verändert werden (zumindest in der ungebrandeten Version).
Tastatur
Die Nummerntasten der Tastatur ragen ein wenig aus dem Gehäuse heraus und haben einen guten Druckpunkt. Der Abstand zwischen den Tasten ist auch für große Finger ausreichend und die Tastatur lässt sich auch "blind" gut bedienen. Das SMS-Tippen geht sofort sehr schnell und ohne Mühen von statten. Die weiße Tastaturbeleuchtung erhellt alle Tasten gleichmäßig und ist sogar bei hellem Umgebungslicht noch deutlich zu erkennen. Auch die Softkey-Tasten sind beleuchtet.
Speicherkartenslot
Der RS-MMC-Speicherkartenslot ist ein wenig anders als bisher eingebaut. Die Karte wird nicht mehr direkt in das Gerät hinein geschoben, wie bspw. beim S65 oder SX1, sondern erst in eine Plastikvorrichtung gelegt, die komplett aus dem Handy herausgenommen werden muss und gleichzeitig als Außenabdeckung fungiert. Der Kartenslot kann sich auch nicht mehr so leicht wie beim SX1 versehentlich in der Hosentasche öffnen, denn zum Öffnen muss man mit einem spitzen Gegenstand auf eine bestimmt Stelle drücken. Ein Schlüssel ist dafür auch gut geeignet. Das Austauschen der Speicherkarte im laufenden Betrieb ist kein Problem und wird von der Software unterstützt und es können bis zu 1GB große Speicherkarten im SXG75 verwendet werden. Leider dauerte es eine halbe Ewigkeit, wenn man Dateien vom Telefonspeicher auf die Speicherkarte verschieben wollte. Für eine MP3-Datei normaler Länge genehmigte sich das SXG75 mehr als 10 Minuten. Aber zum Glück gibt es ja Kartenlesegeräte für den PC, mit denen man die Karte schneller mit Musik betanken kann.
Akku
Der 1000mAh Akku des SXG75 sorgt für eine ordentliche Laufzeit des Handys, die im UTMS-Betrieb zwar spürbar abnimmt, was aber bei anderen UMTS-Handys wie dem K600i auch nicht anders ist. Der Akkudeckel sitzt bombenfest und wackelt nicht – leider ist er auch nur sehr schwer zu öffnen, was aber normalerweise nicht sehr oft bewerkstelligt werden muss.
Benutzerführung
Das Menü zeigt nun auf der Hauptebene nicht mehr nur neun Icons, sondern deren zwölf. Die Icons sorgen nun nicht mehr für Augenkrebs, wie die potthässlichen goldenen Standardicons auf schwarzem Grund beim S65, sondern sind sehr ansprechend gestaltet und sogar animiert.
Die Schrift in den Menüs, SMS und E-Mails ist für mein Empfinden ein bisschen zu groß geraten. Trotz der hohen Auflösung werden nicht mehr Menüeinträge ohne zu scrollen dargestellt als beim S65, weil mit der Displayauflösung auch die Schriftgröße erhöht wurde. Menschen mit Sehschwäche mag das freuen, ich hätte mir aber zumindest eine variable Schriftgröße mit zwei Stufen gewünscht.
Neben diesen kosmetischen Änderungen ist die größte Neuerung in der Menüführung die Einführung von "Tabs", die der eine oder andere schon von SonyEricsson-Handys oder vom Firefox- oder Opera-Webbrowser kennen dürfte. So kann man beim SXG75 bspw. im Dateibrowser, im Mediaplayer oder im neuen globalen "Inbox" für alle eingegangen Nachrichten und verpassten Anrufe/Termine sehr schnell über Tabs zwischen den verschiedenen Ansichten wechseln.
Das Aussehen der Menüs, die Ein- und Ausschaltanimationen, Bildschirmschoner und Sounds können auch beim SXG75 wieder mit Themes an den eigenen Geschmack angepasst werden. Allerdings sind die Theme-Dateien im Vergleich zu den 65er Siemens-Handys und dem S75/SL75 erheblich größer geworden. Die vorinstallierten Standard-Themes sind teilweise größer als 4 MB. Wer also häufiger mal für einen "Tapetenwechsel" sorgt, hat damit seinen Handyspeicher sehr schnell bis zum Limit gefüllt.
Ansonsten hat sich in Sachen Menüführung nicht viel geändert, die meisten Dinge sind an ihrem (von früheren Siemens-Geräten) gewohnten Platz geblieben.
Leider gibt es bei der Anzeige von Bildern im Dateibrowser keine vom S65 bekannten kleinen Vorschaugrafiken mehr. Man muss also "blind" an Hand der Dateinamen navigieren. Ist eine Bilddatei in der Großansicht geöffnet, kann man nicht mit den Navigationstasten zum nächsten Bild navigieren, sondern muss immer zunächst ins Menü zurück. Hier muss Siemens in zukünftigen Softwareversionen noch nachbessern.
Telefonie
Der Empfang ist sowohl im GSM-Netz als auch im UTMS-Netz gut und auch die Sprachqualität ist, wie bei Siemens gewohnt, sehr gut. Gesprächspartner sind selbst in sehr lauten Umgebungen noch sehr laut und klar zu verstehen. Auch in UMTS-Randgebieten mit nur mäßigem UMTS-Empfang (zwei Balken) war der Aufbau einer dauerhaften Verbindung möglich und die Videotelefonie klappte (wenn auch mit einigen Rucklern). Beim Test mit einer SIM-Karte von O2 fehlte das Homezone-Symbol und ließ sich auch nach dem Zuschicken des Home-Symbols auf das Handy von der O2 Hotline nicht blicken.
Sehr erfreulich ist bei der Netzwahl die Option "nur UMTS", die verhindert, dass während UMTS-Verbindungen und Videotelefonaten bei mäßigem Empfang automatisch in den GSM-Modus gewechselt wird. Beim K600i gibt es beispielsweise keinen "UMTS only"-Modus.
Mediaplayer und Radio
Der Mediaplayer hat sich beim SXG75 zu einem echten Multitalent entwickelt. Neben den beliebten MP3-Dateien spielt er auch AAC-Songs, WAV-Dateien und Klingeltöne aller Art ab. Playlisten werden ebenfalls unterstützt. Bei den Videoformaten werden unter anderem 3GP, MPEG4 und RealVideo 8/9 unterstützt, wodurch auch UMTS-Streaming-Angebote nutzbar sind. Vor- und Zurückspulen innerhalb von Songs ist kein Problem, einen Equalizer gibt es leider nicht.
Der Klang über die Lautsprecher klingt erstaunlich gut. Man sollte hier zwar keine mobile Stereoanlage erwarten, aber abgesehen vom fehlenden Bass ist die Musik- und Sprachwiedergabe über den Lautsprecher sehr klar und ausgeglichen. Am Klang der Musik über das beigefügte Headset gibt es nichts auszusetzen. Die Lautstärke lässt sich glücklicherweise auch sehr laut regeln, so dass man in lauten Umgebungen (bspw. in Bussen oder Zügen) auch noch genug versteht.
Radio
Das integrierte Radio lässt sich nur starten, wenn das Headset angeschlossen ist, das gleichzeitig auch als Antenne fungiert. Eine Wiedergabe der Musik über den Lautsprecher ist dann aber kein Problem. Es können bis zu 10 Stationen fest eingespeichert werden und die Sendernamen werden per RDS automatisch angezeigt. Eine Aufnahmefunktion gibt es leider nicht. Die Empfangsqualität ist mit dem beigefügten Headset sehr gut (wenn man das Headset möglichst weit auslegt, um die Antennenwirkung zu maximieren).
Spiele und Java-Anwendungen
Auf dem SXG75 sind bereits einige Spiele und Anwendungen vorinstalliert. Unter den Anwendungen befinden sich die schon von älteren Siemens-Handys bekannten PDF Viewer und Photo Editor, ein Programm namens "My Photos Online", um Bilder direkt vom Handy ins Internet hochzuladen, und ein Programm namens "BT-MS-Control", mit dem man das SXG75 als Fernbedienung für Windows-PCs mit Bluetooth-Anschluss verwenden kann (schon von SonyEricssson-Handys bekannt).
Die Namen der vorinstallierten Spiele lauten "Marble Crossing", "Super Bomberman", "Super Stack-Attack" und "GPS Space Shooter". Letzteres greift offenbar direkt auf die GPS-Hardware zu. Bei einem ankommenden Anruf werden die Spiele pausiert und nach dem Auflegen wieder ordnungsgemäß an der gleichen Stelle fortgesetzt.
Das SXG75 unterstützt zwar Multitasking, um bspw. gleichzeitig Musik hören und eine Kurznachricht schreiben zu können, aber mehr als ein Javaprogramm kann nie ausgeführt werden.
Java-Dateien, die von anderen Handys oder vom PC aus auf normalem Weg per Bluetooth oder Datenkabel auf das SXG75 kopiert wurden, können auf dem SXG75 nicht ausgeführt oder installiert werden. Hier hat Siemens also ein DRM-System ziemlich stark verankert im Handy. Zumindest für die Installation von Java-Anwendungen und Spielen vom PC aus hat BenQ Mobile aber mittlerweile ein kostenloses PC-Programm namens "Java Midlet Installer" (JMI) auf seiner Homepage zum Download bereit gestellt. Außerdem können Javadateien auch über den WAP-Browser heruntergeladen und installiert werden, was aber ohne günstigen Datentarif schnell teuer werden kann.
Die Installation vom PC aus ist also kein Problem, nur auf den schnellen Spiele-Austausch unterwegs per Bluetooth von Handy zu Handy muss man leider verzichten.
Ob es in Zukunft (inoffizielle) Patches geben wird, um dieses Verhalten der Firmware zu verändern, steht momentan noch in den Sternen.
Der mittlerweile sehr beliebte und kostenlos erhältliche Java-Browser "Opera Mini" läuft übrigens mit dem SXG75 nach meinen Tests ohne Probleme und stellt bei der hohen Auflösung von 240x320 Pixeln zusammen mit dem Small Screen Rendering eine gute Alternative zum eher mittelmäßigen Openwave-Browser im SXG75 dar.
Zum Testen der Geschwindigkeit von Java-Programmen auf dem SXG75 habe ich den JBenchmark Version 2 und den JBenchmark 3D herangezogen und mit anderen Siemens Business-Class-Modellen und dem K600i verglichen. Die Ergebnisse sind sehr zwiespältig. Im JBenchmark 2 schlägt das K600i das SXG75 fast in allen Kategorien und selbst das S75 aus dem Hause Siemens kann hier fast überall höhere Ergebnisse vorweisen. Bei den Ergebnissen des Benchmarks für 3D-Spiele hebt sich das SXG75 ein bisschen von den anderen ab. Es sollten alle 3D-Spiele, die auf dem S65 und S75 laufen, auch mindestens in der gleichen Geschwindigkeit auf dem SXG75 spielbar sein.
Vom Spitzenreiter der JBenchmark-Liste, dem W900i von SonyEricsson ist das SXG75 aber in Sachen 3D-Leistung meilenweit entfernt. Das SXG75 soll zwar in erster Linie ein Businesshandy sein und keine mobile Spielekonsole, die Leistung des im SXG75 verbauten ATI-Grafikchips "Imageon" scheint sich aber wohl doch nur auf die Videowiedergabe zu konzentrieren und nicht auf die 3D-Leistung.
JBenchmark 2
Score
Image Manip.
Text
Sprites
3D Transform
User Interface
SXG75
166
113
299
131
104
267
S75
159
142
234
329
152
61
S65
105
35
158
193
43
219
K600i
251
169
676
274
225
141
JBenchmark 3D
HQ
LQ
Triangels/sec
Ktexels/sec
SXG75
154
200
20435
790
S75
109
144
18891
833
S65
122
140
10641
919
K600i
115
174
10701
837
Organizer
In Sachen Organizer war ich mit den bisherigen Siemens-Handys immer sehr zufrieden. Beim SXG75 kündigte Siemens dann auch auf seiner Webseite in allen Datenblättern und Pressetexten an, das SXG75 werde "einen vollständigen Organizer inklusive Adressverwaltung, Terminplaner, Aufgabenverwaltung und Notizverwaltung" enthalten. Um es vorweg zu nehmen: diese Angaben waren falsch. Die Organizerfunktionen dieses "Business"-Handys aus der Siemens S-Klasse sind auf A-Klasse-Niveau anzusiedeln:
Die Terminliste, Aufgabenverwaltung und Notizfunktion fehlen komplett und im spärlichen Kalender kann man bei einem neuen Eintrag nicht mal einen Ort eintragen. Nur eine einzige Zeile für den "Betreff" ist dort vorgesehen.
Was Siemens wohl dazu verleitet hat, in einem S-Klassen-Handys beim Organizer die meisten Dinge komplett wegzulassen, die mittlerweile sogar bei einem C-Klassen-Handy wie dem C75 zum Standard gehören?
Wie mir der zuständige Projektleiter für das SXG75 bei BenQ Mobile auf Nachfrage persönlich telefonisch mitteilte, wurde die Aufgaben- und Notizverwaltung und die Terminliste entfernt, weil sie laut "Marktstudien" so gut wie niemand benutzen würde. Auch die kommenden Siemens-Handys, die auf der gleichen Plattform wie das SXG75 basieren, wie bspw. das EF81, werden also keine Aufgaben+Notizen mehr enthalten.
Einzig die Kontakliste erscheint relativ umfangreich und kann mit allen wichtigen Dingen für das Businessleben aufwarten. So können einem Kontakt bspw. 4 Telefonnummern, 4 E-Mail-Adressen, 2 URLs, 2 Faxnummern und 2 Postadressen zugeordnet werden und die Kontakte in beliebig viele Gruppen einsortiert werden. Die Anzahl der maximal speicherbaren Kontakte ist aber auf maximal 500 Stück begrenzt. Mich persönlich stört das nicht, aber Mitarbeiter in großen Firmen dürften hier eventuell an Grenzen stoßen.
Eine mir persönlich sehr wichtige Neuerung betrifft den Wecker. Bisher konnte man bei Siemens-Handys immer nur eine einzige Weckzeit einstellen und angeben, an welchen Wochentagen man zu dieser einen Zeit geweckt werden will. Beim SXG75 ist es nun erstmals möglich, sich an jedem einzelnen Wochentag zu einer anderen Zeit wecken zu lassen, was vor allem Studenten und andere Leute mit unregelmäßigen Tagesbeginnen freuen dürfte.
Kamera
Mit der 2-Megapixel-Kamera kann man Bilder mit einer maximalen Auflösung von 1600x1200 Pixeln schießen. Alternativ kann die Auflösung auch auf 1280х960, 640х480 oder 320х240 Pixel verringert werden. Neben einem 7-fach Digitalzoom, Helligkeitsausgleich, Weißabgleich und einem Indoor-/Outdoor-Modus kann man die Kamera auch auf die Frequenz von Lichtquellen in Gebäuden abstimmen (50 oder 60 Hertz). Ein Autofokus, wie bspw. beim K750i fehlt leider.
Bei schlechten Lichtverhältnissen fällt ein starkes Rauschen in den aufgenommen Bildern und ein starker Grünstich auf. Die Farben auf allen mit dem SXG75 aufgenommen Bildern wirken blass im Vergleich zum K600i. Im Vergleich zur 1,3 Megapixel-Kamera des Siemens S65 hat die SXG75-Kamera bei Kunstlicht-Aufnahmen aber etwas zugelegt. Mit dem optional als Zubehör erhältlichen Blitz, den man an das SXG75 anstecken kann, sehen die Bilder – wie schon beim S65 – sehr gut aus und zeigen kräftigere Farben.
Schmerzlich vermisst habe ich beim SXG75 eine Kamera-Abdeckung, wie sie zum Beispiel beim K600i vorhanden ist, wo ein Drehmechanismus die Linse vor Staub und Schmutz schützt. Die Linse vor jedem Schnappschuss erst mit einem Taschentuch säubern zu müssen, war schon beim S65 und SX1 immer eine lästige Aufgabe.
Auch eine LED-Leuchte, die auch als Blitz verwendet werden kann, hätte dem SXG75 gut zu Gesicht gestanden, da man diese nicht nur für die Verbesserung der Fotos bei schlechten Lichtverhältnissen, sondern auch als Taschenlampe nutzen kann. Aber hier möchte Siemens wohl ein klares Unterscheidungsmerkmal zum S75 setzen, das eine LED-Leuchte besitzt (das K600i übrigens auch). Schade eigentlich.
Mit der Kamera des SXG75 können auch Videos in den Auflösungen 176х144, 128х96 und 96х80 Pixel bis zu einer maximalen Länge von 5 Minuten und mit Tonspur aufgenommen werden. Die Framerate kann auf 7 oder 15 Frames/sec eingestellt werden. Die Videos werden flüssig aufgezeichnet, zeigen aber auch deutliche Artefakte und dieselben Farbprobleme wie die aufgenommenen Bilder.
GPS-Navigation
Die GPS-Navigation ist das herausragende Merkmal des SXG75, weil noch kein anderes Handy bisher einen eingebauten GPS-Empfänger besitzt. Eine Software von VDODayton ist bereits vorinstalliert, allerdings werden die Routendaten immer kostenpflichtig über eine Onlineverbindung bezogen. Wer nur gelegentlich navigiert, kommt hier aber günstiger weg als beim Kauf eines GPS-Pakets mit GPS-Maus und einer Software, die das komplette Kartenmaterial auf einer Speicherkarte liegen hat. Ein weiterer Vorteil der Online-Lösung beim SXG75 ist, dass die Routendaten immer tagesaktuell sind und bspw. auch Staus und Umleitungen mit eingeplant werden können.
Auf der VDO-Homepage werden verschiedene Navigationstarife angeboten, von der Bezahlung pro Route bis zu einer Deutschland- und Europaflatrate.
Die GPS-Navigation mit dem SXG75 funktionierte in meinen Tests für ein Gerät mit integriertem Empfänger und geringer Leistungsaufnahme erstaunlich gut und ist nicht nur für Wanderer und Radfahrer, sondern auch für Autofahrer geeignet. Lediglich die Sprachausgabe ist etwas zu leise, hier könnte Siemens bzw. VDO noch mit einem Firmware- bzw. Softwareupdate nachbessern.
Beim ersten Start der GPS-Software dauerte es etwa 45 Minuten, bis das erste Mal Koordinaten auf dem Handy angezeigt wurden, was aber völlig normal ist. Anschließend war das Signal nach dem erneuten Start des Handys bzw. der GPS-Software immer nach spätestens 120 Sekunden vorhanden.
Um aber mit dem Handy ein GPS-Empfang zu ermöglichen, müssen einige wichtige Dinge beachtet werden. So ist ein Empfang innerhalb von Gebäuden, in Tiefgaragen und in Hochhausschluchten nicht möglich. Es muss immer eine freie Sicht zum Himmel in mehrere Himmelsrichtungen gegeben sein, weil die Position aus mehreren Signalen berechnet wird.
Man sollte also vor dem Start einer Auto-Navigation immer erst 120 Sekunden im Freien warten, bis das Handy eine Position gefunden hat, und sich dann erst ins Auto setzen. Ist die Position unter freiem Himmel ermittelt, geht sie auch im Auto nicht mehr verloren, aber für das erste Fixing ist es ungemein wichtig, sich unter freiem Himmel aufzuhalten und sich bis zu 120 Sekunden nicht von der Stelle zu bewegen, bis das Signal da ist (auch nicht herumlaufen).
Wer diese grundlegenden Dinge beachtet, wird mit dem SXG75 auch als Auto-Navigationsssytem glücklich.
Messaging
Neben einem Instant Messanger unterstützt das SXG75 auch SMS/MMS und E-Mail mit allen schon von der letzten Handygeneration bekannten Features. Es werden sowohl POP3, als auch IMAP-Server unterstützt und man kann auch bei POP3 nur die E-Mail-Header herunterladen lassen und dann selektiv die einzelnen Mails lesen, um Traffic-Kosten zu sparen.
Internet (WAP/Modembetrieb)
Der im SXG75 integrierte WAP-Browser von OpenWave erlaubt es unter anderem, drei verschiedene Textgrößen zu wählen und ob man zeilen- oder seitenweise scrollen will. Leider ist es bei den Lesezeichen nicht möglich, diese in Ordner einzusortieren. Wieso dieses Feature, das es schon seit dem S55 gab, hier herausgenommen wurde, ist mir unklar und ärgert mich, weil die Lesezeichenliste ohne Ordner sehr schnell unübersichtlich wird.
Der Datendurchsatz über GPRS und UMTS im Modembetrieb liegt auf dem Niveau des K600i, das laut einem Test der Computerzeitschrift c’t schon eines der schnellsten UMTS-Geräte ist. Auch lange Online-Verbindungen mit der E-Plus Datenflatrate und der Download von Dateien mit mehr als 50 MB Größe war kein Problem.
Datenaustausch
Der Datenaustausch per Bluetooth klappte (abgesehen von den oben erwähnten Javaprogrammen) sowohl mit dem Siemens SX1, als auch mit dem K600i und einem NoName-USB-Stick am PC problemlos. Die Datenbefüllung des Handys über das USB-Datenkabel geht bei Siemens schon immer sehr träge zu und ist nicht zu empfehlen, außer für Backups. Wer seine Musiksammlung auf das Handy kopieren will, sollte die Speicherkarte direkt in ein Kartenlesegerät am PC stecken.
Tuning, Patches & Co
Richtig interessant wird es bei Siemens-Handys ja immer erst bei der Frage, was man alles aus dem Handy herausholen kann, das in der offiziellen Software nicht vorgesehen ist. Bei den Handys der 65er-Generation wurden "Handy-Pimper" in unserer Community ja stetig mit Patches und Tipps versorgt, wie man den Desktop, Menü-Icons und das Systemverhalten des Handys komplett nach den eigenen Wünschen verändern kann.
Ob das alles auch beim SXG75 möglich sein wird, wird die nahe Zukunft zeigen. Ihr solltet also in den nächsten Wochen und Monaten bei Interesse einen Blick in unser Forum werfen. Dort gibt es auch viele andere SXG75-Besitzer, die gerne bei Fragen oder Problemen mit Rat und Tat zur Verfügung stehen.
Fazit
Das SXG75 kann mit einigen Stärken, wie dem exzellenten Display und der guten Verarbeitung aufwarten und merzt einige Schwächen der letzten Handygeneration, wie die fehlende MP3-Funktionalität aus. Die Digitalkamera hat zwar von der Megapixel-Anzahl im Vergleich zum S65 zugelegt, die Bildqualität hat sich aber nur marginal verbessert.
Dass Siemens aber ein Business-Handy wie das SXG75 von den Organizerfunktionen her zu einem A-Klassen-Handy kastriert, ist sehr ärgerlich, aber auch der einzige wirklich negative Aspekt an diesem Handy. Wer die fehlende Notiz- und Aufgabenverwaltung nicht braucht, wird also mit dem SXG75 durchaus glücklich werden.
Der GPS-Empfang ist für ein Gerät mit integriertem Empfänger und geringer Leistungsaufnahme sehr gut und kann nicht nur im Freien, sondern auch in Fahrzeugen überzeugen. Einzig die Sprachausgabe der GPS-Software ist etwas zu leise. Hier könnte Siemens oder VDO mit einem Firmware- bzw. Softwareupdate noch nachbessern.
Wer die GPS- und UMTS-Funktionalität des SXG75 nicht zwingend braucht und mit den abgespeckten Organizerfunktionen nicht leben kann, ist evtl. mit dem S75 besser beraten, das einen vollwertigen Organizer bietet (im Gegensatz zum SXG75).
Wer die im SXG75 fehlenden Organizerfunktionen nicht braucht und sich an den Java-Beschränkungen nicht stört (kopieren von Handy zu Handy nicht möglich), kann aber getrost zum SXG75 greifen, denn es ist im Vergleich zu ähnlich ausgestatteten Modellen anderer Hersteller erstaunlich günstig zu haben und bietet mit dem guten Display, der guten Akkulaufzeit und der GPS- und UMTS-Funktionalität einige Highlights.
Auch als UMTS-Modem, bspw. für die UMTS-Datenflatrates von E-Plus und T-Mobile ist das SXG75 uneingeschränkt zu empfehlen.
Alle Bilder aus diesem Testbericht gibt es auch in der Fotogalerie in der Kategorie "Livebilder".
Zu guter Letzt...
Wenn dir dieser Testbericht dabei geholfen hat, dir ein Urteil über das SXG75 zu bilden und dich in deiner Kaufentscheidung zu stärken oder dich davon abzuhalten, dann würde ich mich über ein bisschen Unterstützung sehr freuen. Ich stelle alles auf dieser Homepage kostenlos zur Verfügung, auch diesen Testbericht.
Trotzdem fallen aber Kosten für den Webserver, die Anschaffung von Handys und natürlich für die Zeit an, die ich bspw. mit dem Schreiben dieses Testberichtes verbracht habe.
Wer mich also ein bisschen finanziell unterstützen möchte, kann das SXG75 oder ein anderes Handy gerne über folgenden Link bei Amazon bestellen. Dadurch erhalte ich eine kleine Provision, was mir hilft, hier weiterhin alles kostenlos online zu stellen. Alternativ kannst du auch gerne bei einem anderen Anbieter aus unserem Preisvergleich bestellen oder mal einen Blick in unseren Handy-Zubehörbereich werfen.
Wer Bilder oder Auszüge aus diesem Testbericht auf anderen Webseiten veröffentlichen will, sollte mich vorher kurz um Erlaubnis fragen. Wenn gleichzeitig ein entsprechender Link auf diese Seite hier erfolgt, habe ich prinzipiell nichts dagegen.